Meine Eltern haben mich sehr unterstützt
Wie haben Sie Ihr Business gegründet?
Angefangen habe ich während der Schulzeit mit 17 Jahren. Das ist tatsächlich schon 13 Jahre her. Damals begann ich damit, kleinere Dinge wie Handyhüllen zu bestellen und über Ebay zu verkaufen. Das waren die ersten Schritte. Ich hatte dafür in der Garage meiner Eltern zwei Regale. In die Selbständigkeit gestartet bin ich vor etwa zehn Jahren, weil mich der Handel einfach interessiert und fasziniert hat. Neben meinem Job habe ich angefangen, überwiegend aus China Sachen auf Ebay zu kaufen und verkaufen. Das Ganze wurde nebenbei immer größer. Irgendwann kam Amazon dazu. Dann habe ich ein Lager gesucht und auch bald eine Immobilie gefunden. Schließlich habe ich mehr Mitarbeiter gebraucht und es ist alles von selbst gewachsen – vor allem mit und durch Amazon.
Ihre Eltern haben Sie unterstützt?
Ja, das war ein kleiner Vorteil. Meine Eltern haben mich viel unterstützt. Sie haben es mir ermöglicht, eine Immobilie zu finanzieren. Dann habe ich eine weitere gekauft. Zu meiner Bank hatte ich dadurch schon guten Kontakt, da ich mich durch die Immobilien unabhängig von meinem Handelsgeschäft ohnehin schon mit dem Thema Finanzierung auseinandersetzen musste. Als ich meine Frau kennengelernt habe, sind wir zusammen in ein kleines Reihenhaus gezogen. Ich habe erstmal im Keller weitergemacht und meine Waren ausgebaut. Irgendwann war der ganze Keller voll mit Artikeln.
Ihr Interesse betrifft also den Handel am Allgemeinen, also keine bestimmten Waren oder Produkte?
Genau. Wir haben eigene Marken, unter denen wir unsere Produkte herstellen lassen und vertreiben. Das Schönste für mich daran ist, dass wir nicht eine einzige Sache machen, sondern alles von A bis Z übernehmen. Es ist also sehr umfangreich. Wir besuchen Messen, auf denen wir uns neue Produkte ansehen, und informieren uns ständig. Die Produkte, die wir verkaufen, interessieren uns auch selbst. Wir vertreiben nicht irgendetwas, sondern können uns mit unseren Produkten identifizieren. Teilweise entwickeln wir sie sogar selbst und das macht uns großen Spaß. Es ist eben sehr umfangreich und es gibt immer neue Aufgaben, was ich persönlich sehr schön finde.
Was gefällt Ihnen am Arbeitsprozess am besten? Was bereitet Ihnen besondere Freude?
Gewisse Routineaufgaben gibt man nicht auf. In der Regel übernehmen das meine Mitarbeiter (drei Vollzeitangestellte und eine Aushilfe). Ich kümmere mich um alles Weitere. Unser Geschäft ist ziemlich schnelllebig, wobei „schnelllebig“ vielleicht das falsche Wort ist. Es entwickelt sich eben sehr schnell. Allein auf Amazon gibt es beispielsweise jeden Monat eine neue Sache, bei Otto gibt es ebenso ständig neue Sachen. Alles, was online stattfindet, entwickelt sich meiner Meinung nach sehr schnell. Es gibt immer neue Möglichkeiten und das finde ich sehr schön. Wenn man die als Erstes nutzt und mit der Zeit geht, hat man meistens einen Vorteil. Für kleine Unternehmen wie uns ist das die Chance, um gegenüber großen Unternehmen konkurrenzfähig zu bleiben. Riesige Unternehmen Tefal – ein Hersteller für Bratpfannen, Messer usw. – sind sehr starr. Kleine Händler wie wir sind viel flexibler und anpassungsfähiger. Wir sind ein junges Team und wir sind für alles offen.
Amazon ist nicht händlerfreundlich
Mit welchen typischen Problemen haben Sie derzeit zu kämpfen?
Auch vor Corona gab es beim Handel das Problem, dass ich die Ware vorher anzahlen muss, bevor ich sie produzieren lasse. Ebenso wie der anschließende Versand dauert das oftmals. Wie wahrscheinlich bei jedem anderen Handelsunternehmen ist die Liquidität für uns daher die größte Herausforderung. Wir müssen nämlich schon zwei, drei Monate im Voraus bezahlen. Wenn wir die Ware erhalten, haben wir das Geld ja noch nicht wieder. Deshalb müssen wir sie binnen drei, vier Monaten verkaufen und dann wieder neue Ware kaufen. Diese Wachstumssache ist auch gefährlich, denn wir verkaufen immer mehr. Infolgedessen brauchen wir mehr Ware und dafür brauchen wir wieder mehr Geld. Durch Corona wurde alles noch schwieriger, da die Lieferketten durch die Lockdowns unterbrochen wurden. Wenn eine Fabrik Verpackungen von einer anderen Fabrik bezieht und diese dann nicht liefern kann, verzögert sich alles. Die Ware ist vielleicht fertig, aber plötzlich gibt es keine Container mehr.
Wie sind Sie mit diesem Problem umgegangen?
Glücklicherweise können wir bei der Bank aufstocken und können nun viel mehr in Vorleistung treten. Wir haben jetzt ein weiteres Lager, also haben wir insgesamt zwei Lager. Zuvor hatte ich eines in Bremen angemietet, doch das war wenig rentabel. Außerdem ging das Ganze nicht schnell genug. Wenn ich Ware aus diesem Lager gebraucht habe, musste ich warten, bis sie dort Zeit für mich hatten. Jetzt haben wir in Dannstadt – drei Kilometer von unserem Hauptsitz – noch eine Fläche von 500 Quadratmetern, wo wir unsere Waren einlagern, wodurch wir nicht auf externe Dienstleister angewiesen sind. So können wir die Kosten reduzieren und sind zudem schneller und flexibler. Wir können also direkt reagieren. Ich kann einfach hinfahren oder mein Mitarbeiter erledigt das für mich. Ich muss keine E-Mail schreiben und auf eine Antwort warten. Und wir haben eine größere Fläche. Dort werden wir auch ein neues Büro bekommen, da der Platz im aktuellen Büro nicht ausreicht. Durch Corona hat es sich ergeben, dass wir hier, wo mein Lager und das Büro sind, eine Postfiliale betreiben. Da wir sowieso viel mit der Deutschen Post versenden, bringt dies gewisse Vorteile mit sich. So sparen wir uns das Geld bei der Nachholung und wir haben dadurch auch sichere Abholungen. Zuvor konnten wir uns mit der Deutschen Post im Hinblick auf die Vergütung nicht einigen. Dann kam Corona. Die haben zwei Filialen geschlossen, aber hatten dann viel mehr Arbeit. Deshalb ist die Deutsche Post ist auf mich zugekommen und wir haben eine Lösung gefunden, die finanziell für uns passt. Dadurch ist unser Büro aber geschrumpft, weil der Platz anderweitig benötigt wird. Im neuen Büro bei unserem neuen Lager haben wir eine Bürofläche von rund 70, 80 Quadratmetern – groß und hell, sodass man gut arbeiten kann.
Welchen Einfluss hat der Krieg in der Ukraine auf Ihr Geschäft?
Tatsächlich ist Corona bislang immer noch ein größeres Problem. In China gibt es nach wie vor Lockdowns, wodurch der Transport lange dauert. Das ist unser größtes Problem. Hinzu kommt jetzt allerdings, dass die Spritpreise durch den Krieg in der Ukraine beispielsweise teurer werden. Dadurch steigen auch unsere Transportkosten.
Um wie viel Prozent ist es nun teurer geworden?
Bei DHL zum Beispiel gibt es noch keine Preiserhöhungen. Bei Speditionen kann man das nicht so einfach sagen, weil diese individuell kalkulieren. Bisher merke ich es kaum. Am meisten nehme ich es beim Verpackungsmaterial wahr – bei den Kartons oder dem Papier, das wir in die Kartons reinpacken. Diese Dinge sind um 30 bis 40 Prozent teurer geworden, weil wohl viel Gas und Wärme benötigt wird, um dieses Papier in Kartonform zu pressen. Ich kenne mich damit nicht so gut aus. Die Rohstoffpreise sind schon vor dem Krieg stark gestiegen. Da haben die Hersteller eben auch Angst. Sie wissen ja nicht, ob die Energiekosten weiter steigen und sie noch Öl und Gas kriegen. Vor allem Gas ist für diese Produktion offenbar relevant. Es scheint sogar Unternehmen zu geben, die jetzt schon Preiserhöhungen bei Gas und Strom erhalten haben, und das schlägt sich in den Preisen nieder. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Preise vorzeitig erhöht werden. Wir beziehen ja weiterhin alle Rohstoffe aus Russland. Es kam zu keinem Stopp. Folglich müssten die Preise stabil bleiben, aber sie gehen trotzdem in die Höhe.
Welche typischen Industrieprobleme gibt es momentan außer der Coronakrise und Ukrainekrise noch?
Ein generelles Problem ist Amazon. Die Sache ist die: Man muss auf Amazon verkaufen, weil jeder zweite Kunde auf Amazon kauft. Es führt kein Weg daran vorbei, doch Amazon ist nicht händlerfreundlich. Es ist ein Riesensystem. Wenn etwas nicht funktioniert, kann man nicht einfach sagen: „Hey, das geht nicht! Kannst du mir mal helfen?“ Stattdessen muss man sich mit E-Mails herumschlagen und mit Leuten, die nicht wirklich Deutsch können und nicht wissen, was passiert. Dadurch ist es auf Amazon schwierig, Probleme zu lösen. Das bereitet uns tatsächlich täglich Schwierigkeiten. Auf Amazon gibt es nämlich oft Probleme und es dauert immer relativ lang, diese zu lösen. Teilweise hat man viel unnötige Arbeit, weil man Dinge mehrmals erklären kann und dann warten muss. Um die Kommunikation zu verbessern, haben wir seit zwei Monaten allerdings einen Account Manager. Es ist schon lustig, dass man extra für einen Account Manager bezahlen muss, um quasi einen Premium-Support aus Deutschland und nicht aus Sri Lanka oder Indien zu erhalten. Und das von einer Firma, die sowieso viel Geld damit verdient. Aber was soll man machen? Letztendlich gewinnt Amazon immer.
Sie haben nun Extrakosten dadurch?
Das ist ein Service, der bei der Größenordnung selbstverständlich sein sollte. Wenn ich irgendwo ein teures Auto kaufe, erhalte ich auch kostenlosen Service zu diesem Auto. Das ist vielleicht ein schlechtes Beispiel. Aber bei Amazon erziele ich hohe Umsätze und sie erhalten zumindest 15 Prozent davon als Provision. Trotzdem muss man extra bezahlen, wenn man einen guten Support erhalten möchte, obwohl es auch im Interesse von Amazon wäre. Doch durch ihre Monopolstellung können sie sich das erlauben.
Eine Warenfinanzierung ist keine Lösung auf Dauer
Wie lösen Sie eigentlich Finanzierungsprobleme?
Entweder löse ich sie mithilfe der Banken oder ich greife auf Eigenkapital zurück. Überwiegend mache ich das mit einer klassischen Bank, teilweise mittels Warenfinanzierung. Allerdings ist dies sehr teuer, aber es ist aufgrund der langen Liefer- und Versandzeiten ganz praktisch. Ich bezahle dann, wenn ich die Ware erhalten habe. Diesen längeren Zeitraum, wo mein Geld schon weg wäre, habe ich dann durch eine Warenfinanzierung gedeckt. Da sie relativ teuer ist, ist eine Warenfinanzierung aber keine dauerhafte Lösung. Das ist so ähnlich wie bei dem Lager in Bremen, das ich angemietet habe. Zum Nachschauen ist es gut, aber langfristig ist es zu klein und zu teuer.
Bei der Warenfinanzierung kommt es ein bisschen auf die Konditionen der Anbieter an, normalerweise zwischen ein bis zwei Prozent. Bei einer klassischen Bank kann man Geld deutlich günstiger bekommen, aber es dauert länger und man ist weniger flexibel. Da muss man Laufzeiten und weitere Dinge berücksichtigen.
Wie lange dauert das bei den Banken?
Das kommt darauf an, aber es dauert üblicherweise drei bis fünf Wochen. Es hängt auch von der Bonität und der Beziehung zur Bank ab. Ich habe meine Hausbank, über die ich mir auch privat Immobilien finanziert habe. Da habe ich einerseits Sicherheit und andererseits eine gewisse Bekanntheit über meinen Banker, mit dem ich öfters zusammengearbeitet habe. Das macht es natürlich einfacher, wenn man einen Ansprechpartner mit einem höheren Rang innerhalb der Bank hat und der nicht erst drei Leute fragen muss, was er eigentlich machen darf und was nicht. Bei der Warenfinanzierung dauert das aber oft nur zwei bis drei Tage. Es geht wirklich sehr schnell.
So viel wie möglich von Amazon wegkommen
Was ist eigentlich ihr zentraler Businesstraum?
Unser Ziel ist es, unser Wachstum weiterhin halten zu können, wobei alle anderen Aspekte nicht verloren gehen sollten. Wachstum ist tatsächlich das Schwierigste, weil wir für das Wachsen immer Geld brauchen. Im Idealfall laufen neue Produkte gut, was bedeutet, dass wir mehr nachbestellen müssen. Je länger das funktioniert, umso einfacher wird alles. Mit jedem weiteren positiven Jahresabschluss werden alle anderen Dinge auch leichter. Je länger man besteht, desto einfacher wird alles. Große Handelsunternehmen haben in der Regel Finanzierungspartner. Mit denen haben sie wahrscheinlich bestimmte Linien und Vereinbarungen. Auf einer Messe habe ich mich mit einem Handelsunternehmen unterhalten. Die beliefern beispielsweise auch Edeka und das ist natürlich eine ganz andere Hausnummer. Die haben eine völlig andere Finanzstruktur. Sowas zu erreichen, ist langfristig unser Ziel. Zuerst wollen wir so viel wie möglich von Amazon wegkommen. Natürlich wollen wir unseren Amazon-Umsatz weiterhin steigern, aber wir möchten auch abseits dessen unseren Umsatz erhöhen, um unabhängig werden zu können. Gegenüber Geschäftspartnern besteht immer eine gewisse Abhängigkeit, gerade auch bei Amazon. Vielleicht gibt es auch mal ein Problem und dieser Geschäftspartner bricht weg. Das wäre für uns nicht gut. Deshalb wollen wir uns so breit wie möglich aufstellen und parallel trotzdem alle Chancen nutzen. So wollen wir in der Zeit eine solide B2B-Struktur aufbauen.